Fahrradfahren deluxe
Ein Heimtrainer ist nun wirklich nichts Besonderes, werden Sie sagen, und keiner müden Erwähnung wert. Stimmt nicht immer! Lesen Sie ruhig weiter, auch als bekennender Bewegungsmuffel oder -muffeline.
Von Birgit Lembeck
| 1. Dezember 2023
Verkürzen Sie manchmal heimlich und mit schlechtem Gewissen Ihre Trainingseinheiten? Nicht sehr löblich! Bewegungstraining ist bekanntlich wichtig, aber auch anstrengend und ebenso langweilig. Daher werden Sie sich wahrscheinlich kaum vorstellen können, Ihr Pensum zu erweitern, auch wenn dies nicht das Schlechteste wäre.
Doch es könnte tatsächlich passieren. Mit dem TheraTrainer und dem Bike Labyrinth, einer Gerätekombination, die der DKV-Residenz Münster zu Testzwecken für einige Wochen zur Verfügung gestellt wurde und über deren Anschaffung für den neuen Fitnessbereich nun nachgedacht wird. Und, was ist so toll daran?
Auf den ersten Blick wirkt die Kombi, als ob ein IT-Student eine funktionale Einheit zusammengebastelt und dabei vergessen hat, dass das ästhetische Auge auch mitisst. Aber zum Auge kommen wir noch, Sie werden staunen.
Nun ja, der TheraTrainer ist zugegeben wirklich nicht viel mehr als ein gewöhnliches Bewegungsfahrrad für Senioren mit den üblichen Einstellmöglichkeiten wie Widerstand, Unterstützung, Symmetrieanzeige sowie der Möglichkeit, sich aus dem eigenen Rollstuhl heraus passiv durchbewegen zu lassen.
Sie werden auf den Fotos längst den dominierenden 43-Zoll-Panoramabildschirm entdeckt haben. Der gehört zum Bike Labyrinth. Und dieses Ding nimmt Sie mit auf spannende virtuelle Erlebnisreisen. Sie können zum Beispiel durch Münster radeln, an den Kreuzungen interaktiv eine Richtung auswählen und sogar an der Residenz vorbeifahren, in der Sie eigentlich gerade in dem Moment sitzen. Alles sieht richtig real aus und hört sich auch so an. Umgebungsgeräusche begleiten Sie, so als ob Sie wirklich dort wären. Sie sind auch nicht alleine unterwegs, viele Personen kreuzen Ihren Weg durch die Stadt. Nun ja, dieselben Personen laufen Ihnen natürlich, wenn Sie das Münster-Programm wiederholen, immer wieder aufs Neue über den Weg. Ausnahmsweise sind hier mal unsere dementiell Erkrankten klar im Vorteil. Doch 600 Ziele in Deutschland, Europa und der Welt stehen zur Auswahl und sorgen für mehr als reichlich Abwechslung. Auch Ausflüge in die Natur durch bunte Tulpenfelder oder alpine Landschaften sowie diverse Ratespiele sind möglich. Sie müssen nur treten, treten, treten, sonst ist der Spaß sofort vorbei. Und das werden Sie! Ohne bewusst daran zu denken! Wer sich noch mehr vom leidlich Tretprozess ablenken lassen möchte, der wechselt das Transportmittel – Boot, Flugzeug oder Gleitschirmfliegen gehen auch. Das Angebot wird vom Hersteller laufend erweitert, sogar eigene Filmaufnahmen können abgespielt werden.
Doch es geht nicht nur um die Unterstützung der körperlichen Fitness mit ein bisschen Hightech-Schnickschnack, sondern um viel mehr. So können zum Beispiel Personen mit Mobilitätseinschränkungen, die ihre vier Wände nicht mehr verlassen können, auf diese Weise wieder mit der Außenwelt in Kontakt treten. Das kann richtig guttun. Und sogar einen therapeutischen Ansatz gibt es: Kognitive Prozesse werden gefördert, was zum Beispiel bei einer dementiellen Erkrankung ganz wichtig ist. Wenn bekannt ist, an welchen Orten sich die Person in ihrer Vergangenheit gerne aufgehalten hat, und ihr dann das entsprechende Programm präsentiert wird, kann sie aus ihrer inneren Isolation herausgerissen werden. Es kann dann passieren, dass sie zum Beispiel bekannte Straßenzüge wiedererkennt. So erlebt sie ganz besondere Momente. Die zwanglose Situation des Radfahrens sorgt für Entspannung im Kopf und der Erinnerungsprozess wird dadurch erleichtert. Und dabei wird auch das Treten nicht vergessen. Also eine physisch-kognitive Win-Win-Situation.
Wünschenswert wären an dem Bewegungstrainer ein paar mehr Einstellmöglichkeiten, wie zum Beispiel eine Vorauswahl zwischen ruhigeren und dynamischeren Varianten oder die Einstellung eines Schwierigkeitsgrades bei den Ratespielen. Deutlich ist (noch) zu erkennen, dass es sich um zwei zusammengefügte Geräte handelt, das Design könnte besser aufeinander abgestimmt werden. Doch insgesamt erfüllt die Kombi ihre Funktion voll und ganz, eine tolle Idee mit Potential, die begeistert und helfen kann.
Übrigens, wenn Sie mehr über Demenz erfahren möchten, gibt es hier im Blog weitere Artikel zum Thema.
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